Fachverband
Mineralwolleindustrie e.V.

Eigentümer wollen keine Kredite für die energetische Sanierung aufnehmen

Dr. Julika Weiß, Stellvertretende Leiterin des Forschungsfelds Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)

Dr. Julika Weiß, Stellvertretende Leiterin des Forschungsfelds Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz des IÖW
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Dr. Julika Weiß, Stellvertretende Leiterin des Forschungsfelds Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz des IÖW

1. Menschen, die ein Haus neu kaufen, sanieren es nur selten energetisch. Sie haben untersucht, warum das so ist. Was sind die Gründe?

Pro Jahr wechseln in Deutschland derzeit etwa 150.000 Ein- und Zweifamilienhäuser den Besitzer. In dem Projekt Enef-Haus wurde eine umfangreiche Erhebung unter Sanierern durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass Neueigentümerinnen und Neueigentümer*, die ihr Haus erst in den letzten 10 Jahren erworben oder geerbt haben, besonders häufig größere Sanierungsaktivitäten ergreifen. Nur die Hälfte der sanierenden Neueigentümer führen jedoch umfassende energetische Sanierungsmaßnahmen durch.
Die Gründe dafür sind vielfältig, aber einer sticht besonders heraus: Die Eigentümer wollen keinen Kredit für die Sanierung aufnehmen. Darüber hinaus überschätzen viele Befragte den energetischen Zustand ihres Hauses oder es fehlen ihnen die finanziellen Möglichkeiten für umfassendere Sanierungen.

2. Und was ist mit denjenigen, die sich für eine Sanierung entscheiden?

Diejenigen, die eine Sanierungsmaßnahme durchführen, tun das aus einem Motivbündel heraus. Sie wollen beispielsweise den Wert des Hauses erhalten oder auch einfach behaglicher Wohnen. Wenig überraschend ist jedoch das zentrale Motiv: die Einsparung von Energiekosten. Die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen ist wichtig.
Aber: Eigenheimbesitzer verstehen unter Wirtschaftlichkeit etwas anderes als Experten. Aus Expertensicht wird Wirtschaftlichkeit in der Regel an der Rendite gemessen. Diese Sichtweise liegt den Förderprogrammen zur energetischen Sanierung zugrunde und sie prägt häufig auch die Beratungspraxis.

„Eigenheimbesitzer verstehen unter Wirtschaftlichkeit etwas anderes als Experten“

Faktisch sehen das die Betroffenen oft anders. Sie wollen sich gegen die Risiken steigender Energiepreise absichern und unabhängiger von Energieimporten machen. Und dann sollen sich die Maßnahmen auch irgendwie rechnen. Wichtiger als Amortisationszeiten und Rendite sind aber eher die zur Verfügung stehenden Mittel.

3. Was haben Sie aus der Studie abgeleitet?

Letztlich sind in der gegenwärtigen Situation zwei Dinge entscheidend: Erstens ist es wichtig, die Frage der Finanzierung von Maßnahmen anzugehen. Kreditprogramme sind hier aufgrund der häufig fehlenden Bereitschaft zur Kreditaufnahme für selbstnutzende Eigentümer nur begrenzt geeignet.

„Kreditprogramme sind begrenzt geeignet, um Sanierungsmaßnahmen auszulösen“

Zweitens gilt es das Problembewusstsein zu stärken. Und das muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen. Dazu gehört vor allem die Eigentumsübertragung, bei der häufig sowieso saniert, umgebaut und investiert wird. Wir haben deshalb in einem Nachfolgeprojekt den Leitfaden „Wegweiser Hauskauf“ entwickelt. Der Leitfaden klärt über verschiedene Möglichkeiten der energetischen Sanierung auf und weist auf Beratungsangebote hin. Zunächst einmal haben wir das Angebot zusammen mit Klimaschutzagenturen oder Verbraucherzentralen in Siegburg, Aachen, Bremen und der Region Hannover erprobt. Der Wegweiser und die damit verbundene Kommunikationsstrategie hat sich hier als Klimaschutzinstrument bewährt.

4. Wie ändert sich das Verhalten der Menschen in den Pilotregionen?

Insgesamt haben wir in den Regionen mehr als 1.500 Wegweiser verteilt, vor allem an die Zielgruppe der Hauskäufer und Erben. Eine Erhebung hat ergeben, dass der Wegweiser dazu motiviert, sich mit dem Thema energetische Sanierung zu befassen, eine energetische Modernisierung ins Auge zu fassen und sich an einen Energieberater zu wenden. Und anschließend haben die Hauskäufer auch richtig Geld in die Hand genommen. Zwischen 10.000 und 50.000 Euro liegt im Schnitt die Summe, die sie in die energetische Sanierung stecken. Dies führt im Ergebnis zu einer Reduktion des Primärenergiebedarfs von knapp 30 Prozent.

Herunterladen können Sie den Leitfaden „Wegweiser Hauskauf“ hier.

* Im weiteren Verlauf des Textes werden wir wegen des besseren Lesbarkeit Eigentümerinnen und Eigentümer zusammen als Eigentümer bezeichnen.

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