Fachverband
Mineralwolleindustrie e.V.

„Wir brauchen schnellstmöglich ein Gebäudeenergiegesetz, das die verschiedenen Anforderungen (…) auf einen Nenner bringt und einen Niedrigstenergiestandard im Gebäudebereich definiert“

Chris Kühn MdB. Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik von Bündnis 90/Die Grünen

Chris Kühn MdB. Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik von Bündnis 90/Die Grünen
©
Bildnachweis

Chris Kühn

Chris Kühn MdB. Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik von Bündnis 90/Die Grünen

Das energiepolitische Ziel der Bundesregierung ist, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Aktuellen Schätzungen zufolge liegt die derzeitige Sanierungsquote aber unter 1 Prozent. Mit welchen politischen Maßnahmen wollen Sie das Ziel 2050 noch rechtzeitig erfolgreich umsetzen?

Zunächst brauchen wir schnellstmöglich ein Gebäudeenergiegesetz, das die verschiedenen Anforderungen und Standards auf einen Nenner bringt und einen Niedrigstenergiestandard im Gebäudebereich definiert. Außerdem haben wir Grüne unser Konzept „Faire Wärme“ vorgelegt, mit dem wir mit insgesamt 7 Milliarden Euro bspw. die Sanierung ganzer Wohnviertel und die kommunale Wärmeplanung mit Zuschüssen und günstigen Krediten fördern, aber auch ökologische Bau- und Dämmstoffe, Anlagen für erneuerbare Wärme und die Verbraucherberatung vor Ort unterstützen. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen muss endlich die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden in den Fokus kommen, denn die Energieeinsparpotentiale fangen schon in der Produktion an. Das Wohnungsunternehmen ABG Frankfurt geht da beispielhaft voran und baut seit Jahren erfolgreich im Passivhausstandard.

Energetische Sanierungsfahrpläne sind ein sinnvolles Beratungsinstrument für Gebäudeeigentümer und können helfen, das Klimaziel 2050 zu erreichen. Wie stehen Sie zu dem „Individuellen Sanierungsfahrplan“ (iSFP), den die dena im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie entwickelt hat? Sind diese eventuell eine sinnvolle Ergänzung der ordnungsrechtlichen und förderpolitischen Maßnahmen in der Bundesrepublik und sollten z.B. ab 2030 verpflichtend eingeführt werden?

Es macht Sinn nicht nur die einzelnen Sanierungsmaßnahmen anzusehen, sondern das ganze Haus. In Baden-Württemberg haben wir den Sanierungsfahrplan BW bereits eingeführt. Er ist zentral, um Bauherren eine Orientierung bei der systematischen und damit sinnvollen Sanierung des Eigenheims zu geben. So können die einzelnen Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden und schonen so nicht nur das Klima sondern auch den Geldbeutel.

Der Bedarf an Wohnungen ist vor allem in den Ballungsgebieten enorm: 400.000 neue Wohnungen müssten in dieser und der nächsten Legislatur jedes Jahr entstehen. Der Neubau bleibt allerdings weit dahinter zurück. Welche Maßnahmen befürworten Sie, damit mehr hochwertige neue Wohnungen gebaut werden können?

Die neuen Urbanen Gebiete im Baurecht ermöglichen eine doppelt so dichte sprich urbane Bebauung. Eine Stadt der kurzen Wege spart Grundstückskosten, stärkt die Nahversorgung und schützt die Umwelt, das kommt günstiger als perspektivlose Zersiedelung. Wir wollen Liegenschaften des Bundes vergünstigt abgeben, zugunsten lebenswerter bunter Quartiere. Wir wollen außerdem eine Musterbauordnung Holz auf den Weg bringen, um das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen zu stärken. 2016 wurden 380.000 Baugenehmigungen erteilt, allerdings liegen die Baufertigstellungen weit dahinter. Das muss sich ändern. Ich kann Kommunen nur darin unterstützen mit Konzeptvergaben zu arbeiten und so ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, was und wie etwas gebaut wird.

In Deutschland ist der Bau von mehr als 1 Million Wohnungen durch Aufstockung möglich. Das hat die Studie „Wohnraumpotentiale durch Aufstockungen“ der TU Darmstadt und des Pestel Instituts ergeben. Dadurch könnte hochwertiger, moderner Wohnraum in Ballungszentren ohne zusätzlichen Flächenverbrauch wirtschaftlich erstellt werden. Allerdings verhindert eine Vielzahl an rechtlichen Hemmnissen, dass das Potential ausgeschöpft wird. Wie stehen Sie zum planvollen Aufstocken von Gebäuden?

Ich kann Aufstockungen nur unterstützen. Wie gesagt, die Stadt der kurzen Wege mit möglichst vielen Grünflächen kann nur erreicht werden, wenn wir auch die Potentiale, die in einer Aufstockung liegen, ausschöpfen. Daher wollen wir auch eine Musterbauordnung Holz, um die unnötigen Barrieren und Hemmnisse im Bereich Bauen mit Holz abzubauen. Außerdem können wir so eine gute soziale Mischung im Gebäude erreichen und mehr Menschen die Möglichkeit geben dort zu wohnen, wo sie möchten. Wichtig ist aber, dass der Fokus nicht nur auf bauen, bauen, bauen liegt, sondern dass diese Wohnungen auch bezahlbar sind. Deshalb setzen wir uns für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit ein, mit der beispielsweise auch die Aufstockung von Gebäuden steuerlich gefördert werden kann, wenn die Wohnungen anschließend dauerhaft günstig vermietet werden.

Teilen Sie uns auf +